„Hast du mir etwas zu geben?“
Die Initiatorin Ute Craemer und die Gründung der Associação Comunitária Monte Azul.

Ute Craemer wurde 1938 in Weimar geboren. Zum ersten Mal kam sie 1966 mit dem Deutschen Entwicklungsdienst nach Brasilien. In Londrina im Bundesstaat Paraná arbeitete sie mit den Kindern der armen Landarbeiterfamilien. Nach ihrer Ausbildung zur Waldorflehrerin am Seminar in Stuttgart, übernahm sie eine Klasse an der Escola Waldorf Rudolf Steiner in São Paulo.
1975 standen Kinder vor ihrer Tür mit der Frage: „Hast du etwas zu geben?“.
Ute Craemer wohnte damals in der Nähe der Favela Monte Azul. Zwei Söhne einer Landarbeiterfamilie aus Londrinas, denen sie eine Ausbildung in São Paulo ermöglichte, lebten mit ihr im selben Haus. Schon lange trug sie den Impuls für eine menschenwürdige, gerechte Welt in sich. Die Frage „Hast du etwas zu geben?“ gab den Ausschlag zur Idee, eine Brücke zu bauen zwischen den Kindern ihrer siebten Klasse, die in wohlhabenden Verhältnissen aufwuchsen, und den Kindern der Favela.
Sie lud alle zu sich nach Hause ein. Gemeinsam bastelten, spielten, tanzten und musizierten sie. Ab da kamen ihre Schülerinnen regelmäßig nach dem Unterricht vorbei, brachten Favelakindern das Stricken bei oder erzählten Geschichten. Aparecido Candido, einer der beiden Brüder aus Londrinas, brachte sein Talent für Theaterspiel und Tanz mit ein. Als oft mehr als hundert Favelakinder in Ute Craemers Garten auftauchten, war es an der Zeit, einen Verein zu gründen. Renate Keller Ignacio und ihr Mann Paulo Ignacio stießen mit weiteren engagierten Menschen hinzu. Über die Kinder lernten sie die Erwachsenen der Favela Monte Azul kennen und bekamen immer mehr Einblick in die prekäre Lebensumstände. 1979 gründeten sie gemeinsam die Associação Comunitária Monte Azul.
Ute Craemer verließ die Waldorfschule, um sich ausschließlich der Arbeit in Monte Azul zu widmen. Neben der nachschulischen Betreuung übernahm sie koordinierende Aufgaben. Sie trieb die Urbanisierungsentwicklung voran und hielt Vorträge, um Gelder zu akquirieren.










Ute Craemer lebt seit vielen Jahrzehnten in Brasilien. Ihr Rat ist weltweit gefragt, sie reist durch die ganze Welt, um soziale Organisationen zu beraten, die sich für Kinder- und Menschenrechte einsetzen. Bereits 1986 wurde sie für ihre „vorbildliche Sozialarbeit“ mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet und ist Ehrenbürgerin der Stadt São Paulo.
Ihre Erfahrungen hat sie in den beiden Büchern „Favela Monte Azul“ und „Favela-Kinder“ festgehalten, die beide im Verlag Freies Geistesleben erschienen sind. 2001 zog sie sich aus der aktiven Arbeit in Monte Azul zurück und gründete den brasilianischen Zweig der Alliance for Childhood www.aliancapelainfancia.org.br. In Monte Azul hat sie weiterhin ihr Büro und ist beratend tätig. 2015 wurde sie Generalsekretärin der Anthroposophischen Gesellschaft Brasiliens.
2014 erschien ihre Biographie „Die Brückenbauerin“ von Dunja Batarilo im Scoventa-Verlag.
Renate Keller Ignacio
Renate Keller Ignacio ist 1950 in Stuttgart geboren und ging dort in die Waldorfschule. Ihr Kunstpädagogikstudium in Hamburg unterbrach sie mit einem Auslandsjahr in Brasilien. In der Büromöbelfirma Giroflex in São Paulo, wo sie mit den Lehrlingen künstlerische Projekte durchführte, lernte sie ihren Mann Paulo Ignacio kennen, der dort die Schreinereiabteilung leitete. Ihr gemeinsamer sozialer Impuls brachte sie mit Ute Craemer zusammen. In den Anfangsjahren der Associação Comunitária Monte Azul arbeitete Renate als Kindergärtnerin. Sie unterrichtete die ersten Krippenmütter der Favela in Waldorfpädagogik. Diese Erzieherausbildung haben die meisten der pädagogischen Mitarbeitenden durchlaufen, die fast alle in der Favela aufgewachsen sind. Sie brachte die Kleinkindpädagogik nach Emmi Pikler in die Arbeit ein. Später übernahm sie jahrzehntelang die Geschäftsführung der gesamten Organisation. 2007 initiierte sie die Musikschule, die inzwischen in Monte Azul und in der Peinha tätig ist und in der mehr als 200 Kinder unterrichtet werden.
Renate Keller Ignacio spricht in diesem interessanten Film über ihre Arbeit, die Entwicklung der Organisation Monte Azul und die Musikschule in der Favela Monte Azul.
Danke für das Video an Kurt Friedrich www.dialog-plan.de