Nach drei tollen Tagen auf dem Weltforum der Sozialintiative Brasilien ging es direkt weiter mit der semana de vivência, einer Woche in der man die verschiedenen Standorte Monte Azul, Peinha und Horizonte Azul besuchen und an den verschiedenen Programmen teilhaben konnte.
Neben den visitas monitoradas, den begleiteten Führungen durch die Favelas, konnte man unter anderem im Kulturzentrum Centro Cultural Monte Azul einen Einblick bekommen, wie ein Treffen des Rates für Strategie- und Entwicklung, dem Conselho de Desenvolvimento welcher hauptsächlich in wichtigen Entscheidungsprozessen der ACMA involviert ist, abläuft. In der Musikschule durfte man an einer Orchesterprobe teilhaben und die Methodik Suzuki kennenlernen. Bei einer Diskussionsrunde mit Jugendlichen aus dem Programm Jovem Aprendiz, einem Ausbildungsprogramm für Jugendliche und Erwachsene, stellten die Lehrlinge den Eingeladenen mit viel Freude ihre Arbeit und was sie während der Ausbildung lernen vor. Zur gleichen Zeit fanden auch viele Aktivitäten in der Favela Peinha und in Horizonte statt. Es fiel oft schwer eine Entscheidung zu treffen. In der Favela Peinha durfte man an der Morgenrunde in der Nossa Ciranda, unserem außerschulischen Betreungsprogramm für Kinder und Jugendliche zwischen 6 und 11 Jahren, teilnehmen. Im Bildungsgarten der Horta Educativa in Horizonte, einer Erholungsoase vom Großstadtgetümmel, wurde ordentlich angepackt. Mit Hilfe einer Besuchergruppe wurde auf der Zufahrtsstraße ein Gehweg geebnet, um nicht auf der Straße laufen zu müssen, was sehr gefährlich sein kann. Auch gab es Führungen durch den Bildungsgarten und man konnte einiges über Pflanzen und Tiere erfahren. Eine andere Besuchergruppe half während ihres Besuches an der Besfestigung eines Hanges und bei der Gartengestaltung mit. Ebenfalls bekam man einen Einblick in das Leben und in die Arbeit einer catadora, einer Müllsammlerin der Region, sowie einer Familie mit einem behinderten Kind, welches unsere Waldorfschule Escola de Resiliência besucht.

Ein weiteres Highlight während der semana de vivência waren die einzelnen Vorträge am Abend im Kulturzentrum Centro Cultural Monte Azul. Den Auftakt machte das Orchester der Musikschule unter der Leitung von Tammy Soares. Renate Keller Ignacio selbst unterstützte mit ihrer Geige das Orchester. Zwischen den Stücken moderierte Bê Ignacio, die Tochter von Renate in einer charmanten und lockeren Art und Weise den Abend. Einblicke in sehr persönliche und emotionale Lebensgeschichten gaben uns die Krankenschwester Rosmeire, die Kindergärtnerin senhora Teresa und Rogerinho, welcher als Kind und Jugendlicher in der Theatergruppe von Cido (Aparecido Candida, Mitgründer der ACMA) spielte und heute selbst ein professioneller Theaterschauspieler ist. Man hätte sich leicht vorstellen können, man sitzt zusammen in einem Café und ein Freund erzählt aus seinem Leben in Monte Azul. Es war beeindruckend welch große Rolle Monte Azul in dem Leben jeder einzelnen Person spielte bzw. spielt.

Seit vielen Jahren hat die ACMA Vertäge und Partnerschaften mit der Stadt São Paulo und so wurde am folgenden Abend von den Koordinatoren aus den Programmen der Nossa Ciranda, Tecendo Futuro und Caminhando Juntos die politische Situation, die Abhänigkeit und die Zusamenarbeit mit der Stadt und den einzelnen Ämtern im Bildungsbereich und der Sozialarbeit dargestellt. Die sehr komplexen und manchmal undurchsichtigen Entscheidungsvorgänge wurden auf eine humorvolle, theatralische und einfache Weise dargestellt, so dass jeder die teils schwierigen Prozesse verstehen konnte. Begleitet und eröffnet wurde der Abend von den ehemaligen Freiwiligen und Vereinsmitgliedern des Monte Azul International e.V., welche extra für die Jubiläumswoche angereist waren. Hierfür ließen sich die ehemaligen Freiwiligen etwas Besonderes einfallen. Theresa, eine der ehemaligen FreiwilligenhelferInnen, komponierte eine Melodie worauf sie mit den anderen Ehemaligen einen Liedtext mit dem Titel „Die Kinder des Regenbogens“ und mit Versen in drei Sprachen (deutsch, portugiesisch und japanisch) dazu gedichtet haben. Nach zwei Tagen intensiven Übens wurde das einstudierte Stück zur Eröffnung vorgetragen.

Am Mittwochabend wurde der Bereich „Gesundheit“ vorgestellt. Waldomiro, der Koordinator des Gesundheitszentrums, dem Ambulatório begrüßte das Publikum und gab Einblicke in die Struktur und Geschichte des Gesundheitszentrums. Danach übergab Waldomiro das Wort an Amanda der Koordinatorin des Geburtshauses Casa Angela. Nach einer kurzen Einführung wurde der brandneue Film über die humanisierte Geburt und den besonderen Methoden der Casa Angela vorgestellt. Abschließend stellten Edson und Regina, die Koordinatoren des Familiengesundheitsprogrammes Estratégia de Saúde da Família die Zahlen und Fakten aus dem vergangenen Jahr dar.

Der Donnerstagabend stand unter dem Thema: der Einfluss der Waldorfpädagogik in der sozialen Verwandlung. Begleitet wurde der Abend von dem Orchester der Musikschule Escola de Música.

Zum Abschluss der semana de vivência wurde der Freitagabend ein Genuss der Kultur. Die Theatergruppe des Kulturzentrums Centro Cultural Monte Azul trug unter der Leitung von Cido das Stück Caminhos Wege vor. Es erzählt wie alles in Monte Azul begann, mit einer einfachen und bis heute nicht versickerten Wasserquelle und den Menschen die dort leben.
